2. Ausgangssituation


Eine neue Landschaft entsteht

Die Sanierung der ehemaligen Braunkohlentagebaue macht die Lausitz zur größten Landschaftsbaustelle Europas. Auf über 5000 km² wird sich eine völlig neue Welt erstrecken, von Menschen geschaffen. Durch Flutung und Grundwasser-zustrom werden aus Restlöchern ungefähr 30 größere Tagebauseen mit ca. 13.000 ha Wasserfläche entstehen (vgl. EMCP u. IBA 2001) und die Bergbaufolgelandschaft in eine Seenlandschaft verwandeln. Es ist geplant, einige der Seen im Rahmen der bergbaulichen Sanierung miteinander zu verbinden. Dies geschieht zur Steuerung der Gewässergüte. Durch den Ausbau dieser Verbindungen zu schiffbaren Kanälen soll eine touristisch attraktive Seenkette geschaffen werden (Abb. 2.1.) (vgl. EMCP u. IBA 2001). Touristische Einrichtungen wie Häfen, Anleger, Strandbäder, schwimmende Häuser und Gaststätten werden die Ufer der neuen Seen säumen.


 
 
 
 
Abb. 2.1. Lausitzer Seenkette
Sanierung und Gestaltung

Damit die Seenkette nicht nur durch schiffbare Verbindungen besticht, sondern auch landschaftlich attraktiv wird, müssen im Zuge der Sanierung viele Kilometer Seeufer entsprechend modelliert und gestaltet werden. Attraktiv bedeutet abwechslungsreich: An den Seen muss es steile und flache, offene und mit Vegetation bestandene, künstliche und naturnahe Ufer geben. Es bedarf touristischer Einrichtungen am und auf dem Wasser, aber auch geschützter Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Eckart-Montanconsult und Planung (EMCP) schreibt dazu: "Die bisherige, landschaftliche Attraktivität kann in der Seenkette noch durch gezielte Randbepflanzung, Randbebauung, Schaffung natürlicher interessanter Flachwasser- und Uferbereiche sowie Inseln so gehoben werden, dass sie anderen Konkurrenzgebieten gleichwertig wird."

Uferbereiche werden bei der Sanierung jedoch überwiegend steil und gleichförmig modelliert (Abb. 2.3. u. 2.5.). Den Grund dafür liefert das Bundesberggesetz, das die Standsicherheit und die Wiedernutzbarmachung der Sanierungsflächen fordert. Auf Flachwasser- und Sumpfzonen mit typischer Vegetation wird weniger Wert gelegt. Dabei sind diese Bereiche wichtige Teile intakter See-Ökosysteme und ihre Existenz ist Vorraussetzung für die Entwicklung attraktiver Tagebauseen.

Als Folge steiler Uferböschungen und fehlender Vegetation kommt es während und nach der Flutung eines Restsees häufig zu Wellenerosion. Die Ufervegetation benötigt 5-10 Jahre um ufersichernde Bestände zu bilden. Sie kann sich aber wegen des Wasseranstieg erst entwickeln, wenn der Endwasserstand erreicht ist. Also ist mit einer schützenden Ufervegetation frühestens 5 Jahre nach Erreichen des Endwasserstandes zu rechnen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind Ufer und Böschungen besonders erosionsgefährdet. Bislang wird diesem Problem mit Steinpackungen und/oder herkömmlichen ingenieurbiologischen Bauweisen, wie Flechtzäunen, Kokosfaschinen und Ansaaten begegnet (vgl. Abb. 2.3. - 2.5.)

Steinschüttungen sind unattraktiv, monoton, naturfern, und für Freizeitnutzungen ungeeignet. Ingenieurbiologische Bauweisen zum Schutz des zukünftigen Uferbereichs liegen nach der Bauphase lange trocken und können ohne Wasser keine schützende Ufervegetation entwickeln. Auch können die typischen Pflanzen der Uferzonen bei diesen Bauweisen nicht verwendet werden, da die Standortbedingungen noch nicht denen von Uferzonen entsprechen. Herkömmliche ingenieurbiologische Bauweisen im Uferbereich sind somit erst bei Erreichen des Endwasserstandes sinnvoll.



 
 
 
 
 
Abb. 2.3. Sanierte Böschung bei Bluno
 
 
 
 
 
 
Abb. 2.4. Steinschüttung am zukünftigen Ufer bei Bluno
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Abb. 2.5 . Sanierte Böschung bei Großräschen.
Die Beschaffenheit des Wassers

Die Restseen der Lausitz weisen überwiegend saure bis extrem saure Verhältnisse auf, bei hohen Eisen- und Sulfatgehalten und einem geringen Nährstoffangebot. "Die Ursachen für die niedrigen pH-Werte sind in der Eisensulfidverwitterung vor allem in den Kippenkomplexen im Anstrombereich um die entstehenden Restseen zu suchen.
Als Gesamtreaktionsgleichung lässt sich für die Oxidation der Eisensulfide durch Luftsauerstoff und Wasser schreiben:

FeS2 +3,75 SO2 + 3,5 H2O > Fe(OH3) + 2 SO42- + 4 H+

d. h. aus einem Mol Pyrit werden 4 Mol H+-Ionen freigesetzt. Andererseits kann eine solche Verwitterung aber auch ohne unmittelbare Belüftung im Grundwasserleiter über das Oxidationsmittel Eisen(III) erfolgen:

FeS2 +14 Fe3+ + 8 H2O 15 > Fe2+ + 2 SO42- + 16 H+

Diese Reaktionen, die an das Vorhandensein von Mikroorganismen gebunden sind, laufen beim Übertritt des Wassers aus den Grundwasserleitern der Kippen und aus dem "gewachsenen Gebirge" in den Restsee ab" (GRÜNEWALD 1998) (Abb. 2.7.).

Die Ufervegetation entwickelt sich unter solchen Umständen nur sehr langsam, da es nur wenige Pflanzen gibt, wie z. B. Phragmites australis, die unter diesen extremen Verhältnissen (niedrige pH-Werte, geringes Nährstoffangebot) wachsen. Bei sehr tiefen Grubengewässern mit steilen Rändern unterbleibt die Entwicklung sogar (PIETSCH 1964) (vgl. Abb. 2.6.)

Einige Restseen, wie beispielsweise der Senftenberger See, haben jedoch eine für die Pflanzenbesiedelung günstigere Wasserbeschaffenheit, die auf die Fremdflutung mit neutralem bzw. alkalinem Flusswasser zurückzuführen ist. Hier wirken bei der Entwicklung einer Ufervegetation andere Faktoren limitierend:

Wasserstandsschwankungen, die Ufergestalt, Wind und Wellen.



 
 
 
 
Abb. 2.6 . Erosion an einer unsanierten Böschung.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Abb. 2.7 . Schema der Versauerung der Restseen
(verändert nach GRÜNEWALD 1998).
 
 

 

 
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